Ich gärtner mit meiner türkischen Oma
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Dieses Jahr begleite ich meine Oma beim gärtnern. Es ist schon fast peinlich zu sagen, dass ich bislang nicht mitbekommen habe wie sie ihren Garten anlegt. Ich kannte den Garten nur im Sommer, wenn schon alles reif zum ernten ist. Welche Arbeit dahinter steckt, möchte ich dieses Jahr so gut es geht dokumentieren.
Die Voranzucht
Meine Oma zieht jedes Jahr nur drei Sorten vor: grüne, lange türkische Paprika, die sogenannte Charleston Paprika sowie Chili und Tomaten. Die Sorten stammen alle aus der Türkei, die sie vor einigen Jahren hergebracht hat und jedes Jahr aus eigenem Saatgut wieder anbaut. Welche Sorten es genau sind kann ich noch nicht sagen, aber ich bin dabei sie ausfindig zu machen. Mein Traum ist es, eine eigene Box mit türkischem Saatgut zu kreieren. Aber gut, zurück zum Thema: Ende Februar sät sie die Paprika und Chili auf ihrer Fensterbank aus. Danach folgen Mitte März die Tomaten. Ich habe hierzu auch ein kurzes Video gedreht. Das findet ihr als IGTV oder auf Youtube:
Alles weitere sät sie im Mai direkt in den Garten aus. Direkt ausgesäte Samen wachsen viel kräftiger und ertragreicher, sagt sie.
Omas Garten-Minimalismus
Aus dem Video wird sehr deutlich, mit welchem Pragmatismus meine Oma alles angeht. Sie nutzt keine Quelltöpfe, Anzuchttöpfe oder eine fancy Erdballenpresse (dieses Jahr gefühlt der Star auf allen Insta Garten-Accounts 😅). Nein – sie füllt ihre Balkonkästen mit Anzuchterde, streut ihre Samen wild aus und beschriftet sie nicht einmal.
Das Ganze sieht zugegeben etwas planlos aus, aber was ziemlich großartig bei dieser Anbaumethode ist, dass auf natürliche Weise eine Selektion stattfindet! Starke und schwache Pflanzen kristallisieren sich mit der Zeit gut heraus, denn jede Pflanze kämpft um jeden Zentimeter im Kasten. Bis Mitte Mai bleiben die Pflänzchen nämlich im Kasten.
Was ebenfalls positiv ist, dass durch diese Anbauart sehr wenig Müll erzeugt wird, denn die Balkonkästen können natürlich jedes Jahr wiederverwendet werden. Deswegen nenne ich es auch Omas Garten-Minimalismus.
Pikieren und aussetzen
Oh je, denkt ihr euch, wie soll man die denn später vereinzeln? Ja, genau das habe ich auch gedacht, aber das war kein Problem. Der komplette Erdballen wird langsam aus dem Balkonkasten herausgezogen. Dabei legt ihn meine Oma flach auf den Boden, klopft einige Male auf den Kasten und schon lässt sich der Inhalt ganz leicht herausziehen. Dann drückt sie sanft mit den Händen in den Erdballen ein und entnimmt die einzelnen Pflänzchen.
Bei den Paprikas hat sie es allerdings anders gemacht – die hat sie mit der Hand direkt aus dem Kasten gezogen. Da war ich ziemlich überrascht, dass das funktionierte. Tomaten und Paprika sind aber in der Lage auch am Stamm Wurzeln auszubilden, daher ist es nicht schlimm, wenn ein paar Setzlinge abknicken. Paprika und Tomaten setzt man dann bis zum ersten Blattpaar in die Erde.
Nach dem Pikieren werden die Löcher in der Erde vorbereitet. Das macht meine Oma mit einem alten, gebogenen Pflanzholz, den sie ebenfalls aus der Türkei mitgebracht hat. Sie gießt etwas Wasser ein und setzt den Setzling in das vorbereitete Pflanzloch. Dabei drückt sie die Wurzeln nochmal mit dem Pflanzholz an, damit diese schön im Boden haften bleiben. Der Matsch fungiert quasi wie ein Kleber.
Ich kann euch sagen, dass ich mega kaputt war danach 😅 Doch am Ende des Tages war ich super happy! Habt ihr noch Großeltern, die gärtnern und was habt ihr von ihnen mitgenommen?
1 Kommentar
Dein Bericht berührt mich, denn ich hab auch so eine Oma, sie ist vor einigen Jahren gestorben, hat mir aber noch einiges mitgeben und ich spüre über die Gartenarbeit eine große Verbundenheit. Sie war auch so pragmatisch und stand genau wie deine Oma mit beiden Beinen im Beet.